HONDA CB 500 FOUR
Die goldene Mitte
Anno 1971 präsentierte der größte japanische Motorradhersteller erstmals die brandneue Honda CB 500 Four in Daytona als kleinere Ergänzung zu der zwei Jahre zuvor erfolgreich debütierten CB 750 Four. Nein, es war keine Miniaturausgabe der 750er. Sondern ein ganz eigenständiges Modell, bei dessen Motor die Zylinder senkrecht und nicht 15 Grad in Fahrtrichtung geneigt waren. Das war das äußerlich Auffälligste am neuen Honda-Vierzylindermotor. In dessen Inneren drehte zwar auch eine obenliegende Nockenwelle, von der aus über Kipphebel je ein Ein- und Auslassventil pro Zylinder betätigt wurden. Doch die Kette für den Nockenwellenantrieb wurde nicht mehr über eine federbelastete Rolle unter Spannung gehalten, sondern durch eine sogenannte Gleitschiene. Des Weiteren setzten die Entwickler des Halbliter-Motors statt einer Trockensumpfschmierung eine Nasssumpfschmierung ein. Dadurch wurden nicht nur Komponenten (Öltank, Schläuche, Einsatz einer einfacheren Trochoid-Ölpumpe) eingespart – durch den an der Ölwanne vorbeiströmenden Fahrtwind lag auch die Schmierstofftemperatur etwas niedriger als im CB 750 Ölbehälter. Mit seinen laufruhigen und leistungsstarken Vierzylinder-Maschinen setzte Honda vor über fünf Jahrzehnten neue Maßstäbe im Motorradbau.

Bestandsaufnahme
Diese Honda CB 500 F stammt aus dem Modell 1972 und gehört demnach der K1 Serie an. Aus 3-Meter Entfernung machte sie einen tadellosen Eindruck. Die Lackierung des Tanks, als auch der Seitendeckel im scharfen Farbton „Candy Gold Custom“ ist noch original (!) und mit authentischer Patina, die Chromteile etwas abgewetzt, aber noch in Ordnung. Alle Anbauteile dran und original, kein Rost am Rahmen – Kilometerstand: glaubhafte 36300 km. Solider Allgemeinzustand für eine alte Lady. Und zum Glück ist die wunderschöne 4-4 Auspuffanlage noch vorhanden und schön!
Blickte man der alten Damen aber mal unters Kleid, wurde schnell klar, dass man mit einer einfachen Politur nicht an ein zufriedenstellendes Ergebnis kommen würde. Ein Kabelbrand in vergangenen Tagen legte die Adern diverser Leitungen frei, des Weiteren waren auch diverse Stecker an- bzw. durchgeschmort. Eigentlich unglaublich, dass sie so noch lief. Bei der Testfahrt fiel auf, dass sie im oberen Drehzahlbereich nicht frei ausdrehte. Demnach brauchte die Zündung etwas Zuwendung. Und natürlich fielen beim genauer Hinsehen diverse Kleinigkeiten und Standardsachen auf, die im Zuge einer Frischzellenkur gleich mitgemacht werden sollten (Vergaser, Verschleißteile, usw.). Das Ziel dieser Operation war nun, den optischen Zustand im Detail zu verbessern und die Technik auf einen soliden und sicheren Stand zu bringen und wo sinnvoll, neue Komponenten einzusetzen.
Eine Reparatur des bestehenden Kabelbaums hielt ich aufgrund des umfangreichen Kabelbrands als nicht zielführend. Im Endeffekt würde man mehr Zeit damit verbringen, die einzelnen Kabel zu prüfen und ggf. zu ersetzen. Dank hochwertiger, neu gefertigter Ersatzkabelbäume mit (fast) originaler Kabelfarbkodierung ging der Austausch des Kabelbaums problemlos von statten. Auch der Nebenkabelbaum wurde gleich mitersetzt. Der Zustand des Gleichrichters war eher fragwürdig und musste einem baugleichen Teil aus meinem Fundus weichen. Im Zuge dessen wurden auch andere Komponenten der elektrischen Anlage geprüft, gereinigt und überholt – sofern notwendig.
Die Ursache der Eingangs erwähnten Schwächen im oberen Drehzahlbereich vermutete ich im Zündungsbereich. Eine Inspektion der bestehenden Zündung bestätigte die Annahme: Die gesamte Platte war um einige Grad verdreht. Mit einer Kontrolllampe folgte eine penible Einstellung der korrekten Zündpunkte. Eine Umrüstung auf eine kontaktlose Zündanlage ist angedacht.
Nächster Punkt auf der Agenda war die Überholung der Vergaserbatterie – bei 4 Vergasern ein durchaus stundenfüllender Punkt. Es folgte eine komplette Zerlegung und Reinigung. Dabei fiel auf, dass ein Verbindungsblech und ein Halter defekt waren. Der Rest war noch ok – überraschenderweise waren auch keine nennenswerten Benzinablagerungen zu erkennen. Nach dem Zusammebau mit neuen O-Ringen, Dichtungen, Düsennadeln und Düsen in Standardgröße folgte die Leerlaufgemischeinstellung und Synchronisation. Ein wahrer Genuss, wenn nun alle vier Zylinder hörbar wieder an einem „Strang“ ziehen.
Ich stehe ja auf Patina, aber es gibt Dinge, die kann ich nicht ansehen. Zum Beispiel ein durch einen unnötigen Schlüsselanhänger zerkratztes Gehäuse bzw. in diesem Fall eine zerkratzte Kontrollleuchtenkonsole. Dieses formschöne und vor allem sich direkt im Sichtbereich befindliche Alugussteil soll in neuem Glanz erstrahlen! Das schöne an den alten, simplen Konstruktionen ist, dass man sie noch zerlegen kann, ohne dass man Angst haben muss, dass man irgendeine Plastiknase abbricht. Die Honda-typischen Kontrollleuchtenabdeckungen in Diamantform wurden sorgfältig gereinigt und die Konsole in mattschwarz lackiert. Damit’s zusammenpasst, wurden auch noch die Gehäuse der Instrumente neu lackiert und die Gläser aufpoliert.


Restaurationsumfang
- Penible Reinigung und anschließende Konservierung
- Reinigung und Neulackierung der Kontrollleuchtenkonsole
- Einbau eines neuen Haupt- und Nebenkabelbaums
- Überholung der Vergaser mit neuen Komponenten
- Einbau neuer, originaler Honda-Verschleißteile
- Öl und Einstellservice (Zündung, Ventilspiel, Vergaserleerlaufgemisch und -synchronisation)
Fazit
Die Honda CB 500 Four hat definitiv Charakter und zurückblickend hat sie damals auch den Motorradmarkt (mit-)revolutioniert. Eine 500er Four war einfach einmalig und in der Halbliterklasse eigentlich konkurrenzlos, von der 500er Kawasaki mit ihrem Dreizylinder-Zweitakt-Reihenmotor einmal abgesehen. Was gab’s sonst noch? Eine BMW R 50/5 mit 32 PS ab Werk. Eine CB 500 Four hatte im Vergleich zur BMW 50 Prozent mehr Höchstleistung zu bieten und sogar einen serienmäßigen E-Starter (Bei BMW nur gegen Aufpreis). Außerdem war eine Honda Four mit ihren charakteristisch geformten vier Schalldämpfern zierlich und sexy. Für die in dieser Klasse hervorragenden Fahreigenschaften – leicht, handlich, wendig und Scheibenbremse vorne – rundeten das Angebot ab. Und in Wahrheit konnte die kleine 500er der größeren und rund 40kg schwereren 750er auf kurvenreichen Straßen und beim Sprint aus dem Stand leicht Paroli bieten.
Diese CB 500 Four erstrahlt nun wieder in ihrem aufpolierten Candy Gold und ist auch technisch wieder fit für die nächsten Jahre…
Details
Die beste Mischung von Luxus und Leistung - Cycle World (USA) - 1972
Fotos: Martin Fischer
Quellenverweise: MO 04/2008