MOTO GUZZI V7 SPORT
Ein Ritt durch die Analogwelt
Vor einem halben Jahrhundert war die V7 Sport eine sportliche Kampfansage aus Mandello del Lario. Ging es um „Velocita massima“, führte kein Weg vorbei an einer italienischen Konstruktion. Während die Japaner sich noch auf die Machtübernahme der Zweiradwelt vorbereiteten und im Westen Deutschlands nur sehr brave Boxer vom Montageband liefen, fochten Ducati, Laverda, und Moto Guzzi leidenschaftlich um die Speedkrone. Allesamt mit zwei Zylindern, jedoch mit unterschiedlichen Philosophien. Moto Guzzi, als Ältester der etablierten Hersteller, setzte zu Beginn der 1970er Jahre vor allem auf überlegene Serienmotorräder und wollte für die Saison 1972 unbedingt den Ton angeben. Als die organenen SFC-Reihenmotoren Laverdas und Bolognas L-Twin mit schlanken Halbschalen vor allem auf Rundstrecken gesichtet wurde, investierte die Guzzi-Führung in eine möglichst kurzfristige Markteinführung der V7 Sport – dem schnellsten Serienmotorrad der Welt.
Erschienen in MO 06/2021 – Link zur Heftbestellung
MOTORCYCLE SPECS:
- 90° V2-Motor, 748 cm³, 2 Ventile pro Zylinder, Ventilsteuerung über Stoßstangen und Kipphebel | 62 PS bei 7250/min | 66,2 Nm bei 6250/min | Fünfganggetriebe | Fußschalthebel rechts | Elektrostarter | Kardan | Doppelschleifenstahlrahmen | Trommelbremsen | Reifen vorn 3.25-18, hinten 3.50-18 | Leergewicht 206 kg | Höchstgeschwindigkeit: 206 km/h
Bestandsaufnahme und Restauration
Diese Moto Guzzi V7 Sport mit Rahmennummer 11370 stammt aus der 1972er Produktion und ist laut meinen Recherchen die Nr. 109 von insgesamt 3541 gebauten V7 Sport mit schwarzem Stahlrahmen. Der Zustand ist sehr interessant, da sie weitgehend unrestauriert ist – was ich bevorzuge. Man kennt bei genauerem Hinschauen der betagten, ehemaligen Speedqueen an, dass sie mit ihren 50 Jahren eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Die abgewetzten Stellen am Rahmen zum Beispiel zeugen davon. Schade, dass die originale Lackierung des Tanks und der Seitendeckeln nicht mehr zu retten war und vom Vorbesitzer professionell im originalen Farbton und stimmigen Dekor nachlackiert wurde. Der Motor samt 30er Dell’Orto Vergaser machte bis auf einen abgerissen Schrauben in der Getriebeplatte einen guten Eindruck und sollte keine großen Probleme machen. An der Elektrik wurde schon mal Hand angelegt, die interessanten Kabelführungen und verwendeten Stecker zeugen davon. Unterm Strich eine sehr gute, ehrliche Basis!
Das Ziel dieser Restauration war daher von Anfang an klar: Patina erhalten, wo möglich. Technik auf fahrbereiten Stand bringen. Kein Tuning, keine Verbesserung. Original.
Restaurationsumfang
- Komplettes Zerlegen des Motorrads
- Penible Reinigung, behutsame Entrostung diverser Rahmenstellen und anschließende Konservierung
- Reparatur des Kabelbaums mit Kabel und Steckern aus alten Guzzi-Beständen
- Überholung der Vergaser
- Neue Verschleißteile: Kupplungsbeläge, Bremsbeläge, Züge, Reifen, Batterie
- Öl und Einstellservice (Ventilspiel, Zündung, Vergaserleerlaufgemisch und -synchronisation)
Die Moto Guzzi V7 Sport ist eines der bedeutendsten Motorräder, nicht nur für Moto Guzzi, sondern in der gesamten Motorradgeschichte. - Giorgio Sarti (Italienische Motorräder der 70er- Jahre)
Für mich ist die V7 Sport ein Ausnahmemotorrad mit begeistender, wegweisender Technik und großer emotionalen Faszination. Ihre größte Stärke war der berühmt gewordene „Tonti“-Rahmen, der für eine Straßenlage von bis dahin unbekannter Güte sorgte. -Der kompakte Rahmen, der den bulligen V2 Motor wie einen italienischen Maßanzug kleidet, erlaubte dem Fahrer, in völliger Sicherheit auch höchste Kurvengeschwindigkeiten zu realisieren, an denen die japanischen Konkurrenten elend scheiterten. Zu einer Zeit, als sich alle Marken mit den magischen 200 km/h in ihren Prospekten brüsteten, war die Sport die einzige Maschine, die sie auch tatsächlich erreichte.
Von daher ist diese restaurierte bzw. konservierte V7 Sport für mich ein zeitlos schönes, aber auch alltagstaugliches Sportmotorrad, dass auch für längere Italien-Ausflüge bestens geeignet ist. Eine typisch italienische Maschine eben – mit karger Ausstattung, aver Fahrleistungen und Straßenlage vom Feinsten. Und insbesondere dieser noch authentische, unrestauriert anmutende Gesamtzustand macht diese V7 Sport zu einem meiner Lieblingsmotorräder.
DETAILS.
Ein rarer Klassiker - aber in erster Instanz eine wunderbar ehrliche Fahr-Maschine - Thomas Kuttruf, MO 06/2021